Nr. 9 EMIL - Ist sauer.
Nr. 9 EMIL - Ist sauer.
Wütend kam Emil von der Schule nach Hause. Er rannte sofort in sein Zimmer und schmiss mit einem lauten Knall die Tür zu. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis diese wieder geöffnet wurde. Seine Mutter kam herein. »Sag mal, was ist denn mit dir los?« Emil saß schmollend und mit den Armen vor der Brust verschränkt auf seinem Bett. All seine Sachen hatte er auf dem Weg dorthin auf dem Fußboden verteilt. Der Schulrucksack war anscheinend nicht ganz verschlossen gewesen, denn der Inhalt war teilweise herausgefallen. Das alles registrierte seine Mutter in dem kurzen Augenblick, den Emil brauchte, um ihr zu antworten: »Lass mich in Ruhe!« Doch seine Mutter dachte gar nicht daran, ihren Sohn in seinem derzeitigen Zustand allein zu lassen. Im Gegenteil, sie setzte sich an das Fußende des Bettes und fragte in ruhigem Ton: »Ist in der Schule etwas passiert?«
Daraufhin konnte Emil seine Tränen nicht länger zurückhalten. Seine Mutter nahm ihn wortlos in die Arme und wartete geduldig, bis er sich wieder beruhigt hatte.
Danach erzählte Emil ihr, was geschehen war: »Felix ist so gemein. Ich hatte doch diese kleine Kekspackung dabei und wollte sie auch mit ihm teilen. Aber während ich die Tafel abgewischt und das schmutzige Wasser weggebracht habe, hat er sie einfach allein aufgegessen. Alle Kekse! Nicht einen einzigen habe ich abbekommen.« Er holte einmal tief Luft. »Und weißt du, was er dann gesagt
hat?«
Seine Mutter schüttelte den Kopf.
»Er dachte, ich wollte keine. Nee, waren ja auch nur meine Kekse. Ich hab ihm dann die leere Packung an den Kopf geworfen und gesagt, dass er nicht länger mein Freund ist.« Emils Mutter seufzte. »Weißt du was? Ich würde sagen, es ist Zeit für die Calming Bottle. Sie wird dir beim Nachdenken helfen. Vielleicht findest du selbst eine Lösung für dieses Problem.« Sie stand auf, nahm die kleine bauchige Flasche vom Regal und reichte sie ihm. Die Calming Bottle hatten sie noch nicht lang, aber sie war fast genauso genial wie Emils Wunderslime. Sie war nämlich ein wahrer Alleskönner. Zum Beispiel half sie einem dabei, sich zu
beruhigen, wenn etwas echt Blödes passiert war. Emil schüttelte die Flasche ordentlich, stellte sie auf seinen Nachtschrank und beobachtete, wie sich
die vielen kleinen Objekte in ihrem Bauch in Bewegung setzten. Seine Mutter verließ das Zimmer und schloss leise die Tür. Erst als das letzte Teilchen zum Stillstand gekommen war, schloss Emil für einen langen Moment die Augen.
Anschließend stellte er die Calmimg Bottle zur zurück an seinen Platz. Er ging ins Wohnzimmer, in dem seine Mutter auf der Couch saß und ein Buch las. Sie blickte sofort auf, als er den Raum betrat.
»Na, geht es dir besser?«
Emil nickte. »Ich glaube, ich habe mich blöd verhalten. Es waren immerhin nur Kekse, nicht wahr? Die kann man neu kaufen. Aber Felix als Freund kann ich nicht neu kaufen.« Seine Mutter lächelte. »Das stimmt. Es freut mich, dass du das so siehst. Weißt du schon, was du jetzt machen willst?« »Ja, es gibt doch diesen neuen Slime – OHSorry heißt der. Ich werde einen Tiegel besorgen und Felix schenken.« »Das ist eine tolle Idee.« Als Emil am nächsten Tag in die Schule kam, saß Felix bereits am Tisch und auf Emils Seite lag eine Packung Kekse – dieselbe Sorte wie die, die Felix am Tag zuvor allein aufgefuttert hatte. Emil lächelte leicht, als er sich auf seinen Stuhl setzte.
Felix drehte sich schüchtern zu ihm hin.
»Tut mir leid wegen gestern.« »Ach was, mir tut es leid.« Emil holte den Slime OHSorry aus seinem Rucksack und reichte ihn Felix. »Hier, für dich. Sind wir noch Freunde?« Felix schmunzelte, als er das Etikett las. »Klar sind wir noch Freunde. Das werden wir immer sein.« Emil freute sich. Vielleicht hätte es OHSorry gar nicht gebraucht, aber so fühlte sich die Entschuldigung noch symbolischer an.
Autorin: Bettina Huchler